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Gründerväter Ischls: Dr. Josef Götz Teil 1

Blog Beitrag von Dr. Michael Kurz vom 16.1.2020

 

An der Gründung und dem Erfolg des Ischler Badewesens waren viele beteiligt: Dr. Josef Götz hatte nach deutschen Vorbildern Versuche mit dem Solewasser gemacht, Dr. Franz Wirer kannte den Stand der Medizin und suchte gezielt nach einem geeigneten Badeort und der Salinenkassier Michael Tänzl übernahm das unternehmerische Risiko und baute das erste Badehaus.

 

Dr. Josef Götz

Der Salinen Arzt (1807 - 1822)

Dr. Josef Götz
 

Von Josef Götz gibt es keine Biographie und auch keine zeitgenössische Würdigung nach seinem Ableben 1839, was – siehe unten – durchaus verwunderlich ist. Grundlegende Informationen über seine Leben verdanken wir einem Zufallsfund im Ischler Wochenblatt von 1894, wo aus unbekannter Feder eine Erinnerung anlässlich seines Todestages (3. Juni) erschien; „Dr. Josef Götz wurde geboren zu Wien am 6. März 1774 in der Pfarre Maria Trost und getauft in der Schottenpfarre, Pathe war der damalige Stadtkämmerer Valery. Sein Vater, Gottlieb Josef Götz, nach Familientraditionen aus dem edlen Geschlechte der Götz von Berlichingen stammend, in Heidelberg geboren, und von dort nach Wien gewandert, war ein rechtschaffen feiner Bürger der Kaiserstadt. In der zweiten Hälfte seines Mannesalters verarmte er, da er gelähmt wurde, und kränkelte viele Jahre."

Die Entwicklungszeit Götz ́ weist durchaus Parallelen zum drei Jahre älteren Franz Wirer auf, auch dieser war lange Zeit im Militärdienst gestanden. Klar ist, dass der aus bescheidenen Verhältnissen stammende begabte junge Mann, (der Beruf seines Vaters wird nicht genannt) ohne wohlwollende Gönner sicherlich keine weiterführende Bildung hätte genießen können. Nach dem Ende seiner Studien kam der Mittdreißiger ins Salzkammergut.

„Im Frühjahr 1807 wurde von der Hofkammer in Münz-und Bergwesen beantragt, für das obere Salzkammergut einen zweiten Physikus anzustellen, und dieser Antrag wurde mit allerhöchster Entschließung vom 1. Juni 1807 genehmigt. Unter den Competenten um diese Stelle befand sich auch Dr. Götz, welchem dieselbe auch verliehen wurde in Anbetracht, dass er Medizin-und Chirurgie-Doctor war, und als Oberarzt vom 59. Infanterie-Regimente Jordis „wegen angestrengtem Eifer, ausgezeichneten Fleiss und rastlosem Bemühen in Hilfeleistung der Kranken“zur Erlangung der goldenen Ehrenmedaille vorgeschlagen wurde. Am 21. August 1807 erhielt er sein Anstellungsdecret als Salinen-Physikus zu Ischl, wohin er sich auch sogleich begab. Mit dieser Stelle waren verbunden: Ein Jahresgehalt von 600 Gulden, 20 Metzen Korn à 1 fl 45 kr., 20 Klafter Holz unentgeltlich, Bier aus dem Bräuhause inTraunkirchen zum Ablösungspreise von 1 fl 58 kr per Eimer."

Im ersten Jahr seiner Tätigkeit erhielt er Besuch eines Reisenden aus Böhmisch - Krumau, der über ihn in seinen Erinnerungen festhält: „Zu Ischl ist erst dieses Jahr ein Physikus für den ganzen Distrikt mit einem ansehnlichen Gehalte angestellt worden, dessen Hauptpflichten sind, über den Gesundheitszustand wachen, ... Künftigen Reisenden empfehlen wir die Bekanntschaft des gegenwärtigen Physikus Dr. Götz zu machen, der als ein talentvoller und sehr bescheidener junger Mann gewiß bald im Stande seyn wird, Fremden sehr interessante Notizen über diese merkwürdige Gegend mitzutheilen, und dessen Gefälligkeit dafür bürgt, daß er sie auch mittheilen wird.“

„Der talentvolle junge Mann“ kam zum richtigen Zeitpunkt, denn das erste Jahrzehnt des 19. Jhdt. war entbehrungsreich. Kriege, Hunger und Krankheiten plagten die Bevölkerung. Nach der Besetzung durch die Franzosen 1801 wütete 1802 eine Pockenepidemie, die ein großes Ausmaß annahm. Diese ansteckende Krankheit hatte im Laufe des 18. Jhdts. die Pest als gefährlichste Infektion abgelöst.

Die Seuche, die in Ischl besonders wütete, begann schon im Jänner mit einigen Fällen. Auffallend ist der konjunkturelle Verlauf, wo auf ein starkes Monat ein schwächeres folgte. Die Opferzahlen kletterten unaufhörlich bis Juli empor, nach einem erneuten Abflauen im August hob sich die Seuche zu einem neuen Höhepunkt, fiel dann im Oktober wieder und forderte noch im November und Dezember ihren Tribut. 145 Menschen fielen den Pocken zum Opfer, darunter mehr als die Hälfte Kinder.

„Die Blatternepidemie raffte in den Sommermonaten viele Kinder dahin, doch noch fürchterlicher wütete sie in Gosau, wo sie über 60 Menschen in das Grab streckte. Auch in Hallstatt und Obertraun waren im Herbst und Winter die Blatternleichen nicht wenige und überhaupt erinnerte man sich bei Menschengedenken nicht so vieler Sterbefälle, als es in diesem Jahr dort gab“

Die Pocken-oder Blatternepidemie grassierte zumindest in Strobl, Goisern, Gosau, Hallstatt, Lauffen, Ischl und auch in Abtenau. Die unmittelbare Folge war die Forcierung der erst 1796 durch Jenner entdeckten Pockenimpfung durch das Salzoberamt. „Manche Eltern ließen ihren Kindern mit glücklichem Erfolg die obrigkeitlich empfohlenen Kuhpocken impfen“ schreibt Kästner. Der Widerstand und die Skepsis waren allerdings sehr hoch, weshalb die Behörde die drakonische Maßnahme verhängte, nur geimpfte Kinder seien hofkornberechtigt.

Den ersten Anfangserfolgen zum Trotz erhoben sich 1806/07 die Pocken erneut. In Goisern starben von März bis Juni 1807 48, in Ischl 1806 28 und 1807 47 Personen. Bis 1806 waren erst 1261 Kinder immunisiert worden, der neuerliche Ausbruch unterstrich die Notwendigkeit der Ausweitung. Die Anstrengungen sollten neuerlich verstärkt werden, der dynamische Josef Götz war hierfür der richtige.

Er warf sich mit Feuereifer in die Arbeit, unermüdlich begann er sofort mit den Impfungen (zeitgenössisch „Vaccination“ genannt). Sein segensreiches Wirken rettete wohl vielen Menschen, vor allem Kindern, das Leben oder sorgte zumindest dafür, dass chronische Beschwerden minimiert wurden.

Bald konnten Erfolge festgestellt werden:

„Der zweckmäßigen Thätigkeit und dem menschenfreundlichen Eifer der beyden geachteten Kammerguts-Physiker Doctor Wolf und Doctor Götz verdankt man die allgemeine Verbreitung der Kuhpocken Impfung im Salzkammergute, und es verdient bemerkt zu werden, dass ohne die Maßregeln der Strenge, welche man selbst in großen Städten eintreten lassen musste, in und um Gmunden, dann von Ebensee bis Ischl und in der Umgegend die Zahl der Geimpften jährlich bis auf 800 gebracht wurde, da sie vorhin kaum 100 bis 105 betrug“

Als Anerkennung für seinen Fleiß belohnte die Regierung Josef Götz schon 1810 mit dem 1. Impfpreis des Landes Oberösterreich, der mit 150 Gulden dotiert war.

Von da an bis ca. 1830 heimste der umtriebige Arzt eine Belobigung nach der anderen ein: 1815, 1818, 1819,1824, 1826, 1828.

Auch außenstehenden Reisenden blieb die Verbesserung nicht verborgen: „Im Sanitätswesen fand die Vaccine den besten Eingang, und es sind bereits über 7000 Kinder geimpft, und bey den ungeimpften ist zufällige Krankheit das Hinderniß der noch nicht vollzogenen Impfung; es darf allerdings der Thätigkeit des Kammerguts Secundar-Physicus zu Ischl, Dr. Josef Götz, welcher schon 1810, viermal für Österreich ob der Enns, das erste, und 1815, das zweyte Prämium der größten jährlichen Anzahl von Impflingen, erhielt, zugeschrieben werden, dass seit dem Jahr 1807, im ganzen Kammergute kein Kind mehr die bösartigen Blattern gehabt habe“

Bis 1827 konnte Götz auf ca. 14.000 geimpfte Kinder verweisen: „Weil Dr. Götz seit 1807 im inneren Salzkammergute an jedem Kinde die Impfung mit ausdauernder Beharrlichkeit vornimmt, so ist in diesen Thälern jede Spur von Menschenblattern schon längst verschwunden. Dr. Götz impfte dort seit 1807 bis 1827 an 14.000 Kinder, wovon kein einziges mehr die natürlichen Blattern bekam.“

Ist es Zufall, dass gerade im Jahr nach Götz ́ Tod 1840 die Pocken grassierten? Es waren „hauptsächlich Leute von 20 bis 50 Jahren betroffen, doch erwies sich die Krankheit als verhältnismäßig gutartig, denn gestorben sind daran wenige. Lange Jahre hindurch war diese Krankheit bis dahin ausgeblieben.“ Offenbar hatte die Impfdisziplin etwas nachgelassen.

 

© Impfzeugnis unterschrieben von Dr. Götz

Impfzeugnis unterschrieben von Dr. Götz 1833 (Sammlung Dusch/Sparkasse)

 

Überarbeitet und aktualisiert nach: Kurz, Michael: Dr. Josef Götz –Militärarzt, Pockenkämpfer und Manager des Kurortes, erschienen in: Mitteilungen des Ischler Heimatvereins 33/2014, S. 16-35

Teil 2 Dr. Götz - Der Bad- und Kurarzt und "Macher" des Kurortes folgt am 23.1.2020.

Danke fürs lesen,
Dr. Michael Kurz

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