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Eine Zahnradbahn auf die Hütteneckalm

Ein Blog Beitrag von DI Hans Kranabitl vom 17.12.2020

Zahnradbahn Hütteneckalm, vermutlicher Trassenverlauf, Google Earth, Kranabitl


Ende des 19. Jahrhunderts herrschte im Salzkammerguttourismus eine große Aufbruchsstimmung. Da nach Inbetriebnahme der Salzkammergutbahn 1877 viele traditionelle Arbeitsplätze verloren gingen, wie jene der Traunschiffer und Holzarbeiter, hoffte man im Fremdenverkehr neue Erwerbsquellen zu finden. Bereits damals erkannte man, dass die einzigartige Landschaft das größte Kapital unserer Heimat ist. Leider waren viele Aussichtspunkte schwer erreichbar und sich mit „Sesselträgern“ auf Bergspitzen tragen zu lassen, war nicht jedermanns Sache. Außerdem war jene Zeit die des Eisenbahnbaues. 1890 wurde das erste Teilstück der Salzkammergutlokalbahn von Strobl bis Bad Ischl- und 1893 die Schafbergbahn eröffnet.
 

Hütteneckalm, Ausschank, 1908, Peinsteiner
 

Hütteneckalm, Dachsteinblick, um 1950, Peinsteiner


Aus diesen Gründen entwickelte Ing. Eduard Miller 1889 das Projekt einer Zahnradbahn vom Zentrum Bad Ischls aus über Reiterndorf und Perneck auf die Hütteneckalm, welche Erzherzogin Marie-Valerie-Eisenbahn benannt werden sollte. Ing. Miller reichte am 6. Mai 1889 beim Handelsministerium ein Gesuch um Erteilung einer „Vorconcession für eine Localbahn gemischten Systems vom rechten Traunufer bei Ischl bis zur Dachsteinaussicht auf der Hütteneckalpe“ ein. Dem Gesuch wurde am 13. Oktober 1889 stattgegeben. Am 8. Dezember 1889 berichtete das „Ischler Wochenblatt“ erstmals darüber und informiert so die breite Ischler Öffentlichkeit.

Das Projekt sah die Errichtung einer ca. 7,7 km langen Bahn, beginnend am rechten Traunufer zwischen der Eisenbahnbrücke und dem Wiesbühel – Eisenbahntunnel vor. Die Strecke sollte entlang der bestehenden Straßen über Reiterndorf nach Perneck führen. In beiden Orten waren Haltestellen mit Ausweichen vorgesehen. Von Perneck aus sollte die Bahnstrecke am Fuß der „Grasleiten“ zum Ischler Salzberg ansteigen, dort im Bereich der Rosa Wasserfälle den Sulzbach queren und in weiterer Folge durch das „Geigental“ an der Westseite des „Mitterberges“ bis zur Reinfalzalm ansteigen. Das letzte Streckenstück sollte „Zwischen den Bergen“ auf die Hütteneckalm führen. Auf der Hütteneckalm war außerdem die Errichtung eines Hotels geplant.
 

Gaisbergbahn, erbaut 1887, Aufnahme um 1890, aus Harrer "Gaisbergbahn"


Technisch gesehen sollte die mit 1 m Spurweite geplante Bahnstrecke 2.233 m als Adhäsionsbahn mit maximal 22,67 Promille Steigung sowie 5.390 m als Zahnradbahn mit 180 Promille Maximalsteigung errichtet werden. Der Minimalradius wäre bei 75 m gelegen. An Kunstbauten wäre nur ein größeres Brückenobjekt bei der Querung des Sulzbaches mit 4 m Spannweite und 11 m Höhe erforderlich gewesen. Ing. Miller hatte bezüglich der Finanzierung einen Kapitalbedarf in der Höhe von 750.000 Gulden errechnet.

Am 28. Juni 1890 fand unter Leitung der oberösterreichischen Statthalterei die kommissionelle Verhandlung für die Trassenrevision statt. Bei dieser Verhandlung gab es überraschenderweise keine Einsprüche. Sowohl die Forstverwaltung, als auch die k. u. k. Hofjagdleitung , die Salinenverwaltung, die Anrainervertreter, die Gemeinde Ischl und die Kurverwaltung stimmten mit kleineren Auflagen den Projekt vollinhaltlich zu.

Am 21. September 1890 berichtete das „Ischler Wochenblatt“, dass die Detailabsteckungsarbeiten abgeschlossen waren und die „politische Begehungs – Commison“ im kommenden Frühjahr die endgültige Baugenehmigung erteilen werde. Im Bericht finden sich aber erste Hinweise, die auf die Schwierigkeiten bei der Projektfinanzierung hinweisen.
 

Achenseebahn, Erbaut 1889, Aufnahme 1967, aus Pospischil "Zahnradbergbahnen in Österreich"


Ing. Miller schlug vor, die Gemeinde Ischl solle sich am Aktienkapital der Bahngesellschaft maßgeblich beteiligen, um die Realisierung des Bahnprojektes zu ermöglichen. Die Gemeinde beriet diesen Vorschlag am 8. und 10. Oktober 1890. Wie aus den Beratungsprotokollen ersichtlich, bestand im Gemeindeausschuss kein prinzipieller Einwand gegen das Bahnprojekt, doch bezweifelten zwei Ausschussmitglieder die Rentabilität der Bahn. Der Gemeindeausschuss einigte sich schließlich darauf, Ing. Miller als Projektanten lediglich die Hälfte der gewünschten Summe anzubieten.

Über das weiter Schicksal des Bahnprojektes findet sich nur mehr ein Aktenstück vom 28. Juni 1893, in dem Ing. Miller um Bewilligung einer Projektänderung auf elektrischen Betrieb mit 76 cm Spurweite ansuchte.Die Ausführung der Bahnpläne dürfte letztlich an der Unmöglichkeit ihrer Finanzierung gescheitert sein.
 

Schafbergbahn, Erbaut 1893, Aufnahme 1974, aus Pospischil "Zahnradbergbahnen in Österreich"


Ob man es bedauern soll, dass diese Bahn vor 130 Jahren nicht errichtet wurde, kann man nur schwer entscheiden. Heute wäre die Bahn, wie jene auf den Schafberg, eine echte Fremdenverkehrsattraktion, andererseits hätten sie und der Hotelbau auf der Hütteneckalm ein Stück Natur mehr zerstört.

Diese Zeilen wären ohne den exzellenten Artikel von Friedrich Wilhelm Kremzow aus den „Oberösterreichischen Heimatblättern“, 1987, nicht möglich gewesen, da außer einer kurzen Notiz in Heinrich Prohaska „Geschichte des Badeortes Bad Ischl 1823 – 1923“, Heimatgaue, 1923, in der verfügbaren Literatur nichts auffindbar war.

Besonderer Dank an die Fam. Peinsteiner / Alpengasthaus Hütteneck für die Überlassung der historischen Aufnahmen von der Hütteneckalpe.

Mehr unter: www.viasalis.at

Danke fürs Lesen,
DI Hans Kranabitl


Verwendete Quellen:

  • Friedrich Wilhelm Kremzow „Das Projekt einer Zahnradbahn auf die Hütteneckalpe bei Bad Ischl“
  • Oberösterreichische Heimatblätter, 41. Jahrgang, 1987, Heft 4, Seite 335 – 347
  • Heinrich Prohaska „Geschichte des Badeortes Bad Ischl 1823 – 1923“, Heimatgaue, 4. Jahrgang, 1923