© Blick vom Katrin Berg auf Bad Ischl und die umliegende Bergwelt.
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Das Lehár Theater

Blog Beitrag von Teresa Hrdlicka vom 27. Mai 2021

Alte Aufnahme vom Theater


Wussten Sie, dass Operette und Lustspiel in Ischl nicht immer schon im heutigen sogenannten Kongress & TheaterHaus stattgefunden hat? Letzteres wurde erst 1875 unter dem Namen Kursaal eröffnet und war gar nicht als Theaterort gedacht. Nein, von den ersten Anfängen im Vormärz bis zum Jahr 1948 war das heutige Lehár-Kino als Kur- bzw. Sommertheater Zentrum des sommerlichen kulturellen und gesellschaftlichen Lebens der Monarchie.
 

Der Grundriss des Theaters, das drei Ränge und eine Galerie besaß
 

Dora Keplinger war die erste Ischler Hanna Glawari in Franz Lehárs „Lustiger Witwe“ 1906


Mit dem Lehár-Kino verfügt Bad Ischl über ein Baujuwel, das seinesgleichen sucht. Es gehört zu den ältesten durchgehend bespielten Theatern Oberösterreichs und es ist ein großer Glücksfall, dass es nicht in vergangenen Jahren Bauspekulationen oder der Umwandlung in einen Supermarkt zum Opfer gefallen ist. 1827 erbaut, lange bevor Ischl (damals noch nicht „Bad“) zum mondänen kaiserlichen Badeort wurde, entwickelte sich das Theater dann vor allem zu Zeiten Kaiser Franz Josephs zu einer Bühne mit einem faszinierend umfassenden Angebot: Sprechstücke – vor allem Lustspiele aller Art – Operette und sogar so aufwändiges Musiktheater wie Oper wurden am Kreuzplatz gepflegt. In seltenen Fällen sogar Ballett bzw. Kabarett. Die Saison dauerte von Mitte Juni bis Mitte oder Ende September. Das Ischler Theater wurde als eine Art Filialbühne der großen Wiener Hof- und Privattheater angesehen, denen es den Vorteil voraus hatte, viel intimer zu sein und eine gewisse Nähe von Publikum und Künstlern zu garantieren.
 

Ignaz Wild war der am längsten amtierende Direktor des Ischler Theaters von 1885 bis 1903
 

Die beliebte Volksschauspielerin Hansi Niese war über Jahre hinweg Gast des Ischler Theaters


Die großen Stars aus Wien und aus ganz Europa gastierten hier regelmäßig, um nur einige zu nennen:  Johann Nestroy, Alexander Girardi, Pauline Lucca, Louis Treumann, Charlotte Wolter, Adele Sandrock, Katharina Schratt, Hansi Niese, Maria Jeritza, Lotte Lehmann, Frank Wedekind, Ernst von Wolzogen und Eleonora Duse; am Dirigentenpult wirkten Johann Strauss Sohn, Franz Lehár, Leo Fall, Emmerich Kálmán, Carl Muck und sogar Anton von Webern und von Arthur Schnitzler fand sogar eine Uraufführung im Jahr 1893 statt (Abschiedssouper).
 

Aufführung am 18. August 1892 dem Geburtstag des Kaisers


In keinem anderen Theater der Monarchie waren so viele gekrönte Häupter zu Gast, denn zu jedem Staatsbesuch des Kaisers gehörte ein Theaterbesuch als fixer Bestandteil! Kaiser Wilhelm, König Eduard von England, die Könige von Hannover, Rumänien, Serbien – um nur einige zu nennen – gaben sich ein Stelldichein. Ganz zu schweigen von der programmatischen Vielfalt, die keines der Hof- oder Vorstadttheater Wiens aufzuweisen hatte. Vor allem die Operette Wiener Prägung fand in Ischl eine bedeutende Heimstätte, jedenfalls bis 1916. Im Sommer 1905 wurden nicht weniger als 26 (!) verschiedene Operetten gegeben. Natürlich besuchte auch Kaiser Franz Joseph während seiner Sommeraufenthalte in Ischl öfter das Theater, wo ihm eine Hofloge zur Verfügung stand. Nicht selten wurde er dabei von seiner Tochter, Erzherzogin Marie Valerie begleitet.
 

Aufführung von Boccaccio von Franz von Suppé im Juli 1903


Das Theater erlebte ab den Jahren 1880 eine Blütezeit, die bis zum 1. Weltkrieg bzw. zum Tod des Kaisers 1916 anhielt und dann abrupt endete. Nie wieder konnte nach 1916 an jene glanzvollen Jahre angeknüpft werden. Nicht zuletzt wegen der Konkurrenz des Kinofilms verlor das Theater in der Zwischenkriegszeit an Bedeutung.

Operettenaufführungen bildeten eine Ausnahme, auch wenn man heute von Bad Ischl in den 1920er Jahren dank Franz Lehár, Oscar Straus, Emmerich Kálmán und deren Librettisten als „Operettenbörse“ spricht. Im Theater wurde fast ausschließlich das Sprechtheater gepflegt. Hans Moser, Paula Wessely, Karl Valentin, Alexander Moissi gaben am Kreuzplatz Gastspiele.
 

Graf von Luxemburg, Ischler Erstaufführung 1910, Titelblatt des Klavierauszugs

Das Sommertheater am Kreuzplatz bestand bis 1948 und wurde seit 1921 ganzjährig zweifach, als Kino und Schauspielhaus, genützt.
Seit 1957 in Privatbesitz, wurde das Haus damals zu einem Stadtkino umgebaut.
Seit der Jahrtausendwende wird die Bühne wieder als Veranstaltungsort für Theater, Kabarett, Konzerte und Buchpräsentationen genützt. Zu Ostern findet seit einigen Jahren das Theaterfestival LehárTHEATERostern statt. Einer Privatinitiative zufolge soll am Kreuzplatz wieder vermehrt Theater und Kultur eine Heimat gegeben werden. Eine Restaurierung des Theaters wurde zwar geplant, konnte jedoch bis heute aus Mangel an Förderungen nicht in die Wege geleitet werden.

Der Zuschauerraum in den 1960er Jahren


Danke fürs Lesen,
Teresa Hrdlicka