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Das Kurhaus

Blog Beitrag von Teresa Hrdlicka vom 22. Juli 2021

Ballszene anno dazumal


Als das alte Casino an der Traun für den aufstrebenden Kurort Ischl nicht mehr genügte, beschloss die Gemeinde unter Bürgermeister Franz Koch einen Neubau. 1872 wurde das damalige „Pfifferlingfeld“ angekauft und der Architekt Hyazinth Michel (sprich: Mischell) mit dem Bau eines neuen „Cursaals“ beauftragt. Michel war ein Schüler Theophil Hansens, eines der wichtigsten Vertreter des Wiener Ringstraßenbaus, und wurde 1885 für den Bau des Salzburger Künstlerhauses mit dem Franz-Joseph-Orden ausgezeichnet. Weitere bauliche Zeugen seiner Tätigkeit in Ischl sind die Renovierung der Pfarrkirche St. Nikolaus (1878) und mehrere Villen.
 

Programmzettel Kurhaussaal Konzert 1881


Das im klassizistischen Stil gehaltene repräsentative Gebäude mit seinem charakteristischen Kuppeldachstuhl und den 4 Türmen inmitten des Kurparks (damals Kasinogarten) sollte das Casino als Veranstaltungsort und Vereinigungspunkt für die vielen in Ischl zusammentreffenden Fremden ablösen. Nach zwei Jahren Bauzeit wurde es am 30. Mai 1875 in Anwesenheit der Erzherzoge Franz Karl und Ludwig Viktor mit einem Festbankett feierlich eröffnet. Neben dem großen Saal, der über 400 Personen fasste, und für Bälle und Konzerte gedacht war, verfügte das Kurhaus über einen kleinen Saal für Kammerkonzerte, ein Lesezimmer mit internationalen Journalen, ein Spiel-, ein Billard- und ein Musikzimmer mit Klavier, eine Restauration – eine ernstzunehmende Konkurrenz für das Ischler Kurtheater am Kreuzplatz! Das für den kleinen Markt an der Traun vorerst überdimensionale Gebäude fand nicht nur Anhänger!
 

Alte Ansichtskarte mit dem Kurhaus


Der erste Pächter des auch „Kurhaus“ und „Kursalon“ bezeichneten Gebäudes war der Franzose Clément Roget, früher Leiter des Adelskasinos in Wien, bekannt für seine exquisite Küche.

Das erste große Konzert fand am 24. Juli 1875 mit der berühmten Sängerin Carlotta Patti vor ausverkauftem Saal statt. In der Folge wechselten einander ab: Konzert-, Vortrags- und bunte Abende, Feste und Vergnügungen, Militär- und Kurkonzerte, Tombolas und Akademien, ab der Jahrhundertwende auch Kongresse.

In die Geschichte des Hauses eingegangen sind vor allem zwei Großereignisse: das Festbankett zur Vermählung Erzherzogin Marie Valeries im Juli 1890 und das Galadiner zum 60. Regierungsjubiläum Kaiser Franz Josephs mit König Eduard VII. von England am 12. August 1908.
 

Programmzettel Kurhaussaal Konzert 1916
 

Alte Ansicht des Kurhauses


Auch große Künstler wie Alexander Girardi, Katharina Schratt, Eric Schmedes, Richard Tauber, Franz Lehár, Emmerich Kálmán, Maria Jeritza traten im Kurhaus auf. Ein Kuriosum: in den 1920er Jahren gab es bei Abendveranstaltungen eine Kleideretikette: Zutritt nur im Abendkleid!

In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurden hier auch Arbeitertage, Demonstrationen, Bridge-Turniere, Modeschauen, Boxkämpfe (!) und Heimatabende veranstaltet. Auch eine Volksversammlung der NSDAP fand statt.
 

Programmzettel Kurhaussaal 1930
 

José Maria Perez, Elfi Mayerhofer in "Land des Lächelns", 1975


Bereits 1950, nachdem das Lehár-Theater 1948 geschlossen worden war, wurde in der Gemeinde ein Umbau des Kursalons als Theater diskutiert. 1961 gab es die ersten noch konzertanten Operettenaufführungen. Während des Umbaues 1965 brach ein verheerender Brand aus, der den Dachstuhl und die Innenräume zerstörte. 200 Feuerwehrleute waren in der Nacht des 25. Februar im Einsatz. Noch im selben Jahr wurde mit dem Wiederaufbau unter Leitung von Architekt Heinz Karbus, eines Ischlers und übrigens Enkels von Pianist Theodor Leschetitzky, der schon 1964 mit der Neugestaltung des großen Saales beauftragt war, begonnen.

Die Außenfassaden und der Kuppeldachstuhl sind mit geringen Abweichungen wieder in alter Form erstanden, die Innenräume aber wurden zeitgemäß neugestaltet. Im Untergeschoss entstand ein Tanzlokal. Wiedereröffnung war am 19. Juni 1966. Die Bühne des ca. 400 Besucher fassenden Saales befand sich für die nächsten 30 Jahre an der Breitseite, ohne Tiefe.
 

Das Kurhaus nach dem Brand 1965


Unter seinem ersten Intendanten und Kapellmeister der 1961 gegründeten Operetten-Festwochen, Prof. Eduard Macku, wurden diese alljährlich stattfindenden Festspiele mit namhaften Gästen zu einer sommerlichen Pilgerstätte für Fans der „leichten Muse“. Unglaubliche 34 Jahre gab Macku dem Festival Kontinuität und Qualität. Es gab pro Sommersaison von Juli bis Anfang September 26 Operetten-Aufführungen und ein Galakonzert. Macku besaß Mut zur Originaltreue und „entstaubte“ nur, was notwendig war. Die meistgespielten Aufführungen betrafen Lehárs Lustige Witwe, Paganini, Das Land des Lächelns und Giuditta, Johann Strauss‘ Wiener Blut und Der Zigeunerbaron, Kálmáns Csárdásfürstin und Gräfin Mariza. Besonders beliebte Gäste unter Mackus Intendanz waren der spanische Tenor José Maria Perez, die Kammersängerin Lotte Rysanek, Dagmar Koller, aber auch der blutjunge Alfons Haider. Marcel Prawy konnte für Moderationen gewonnen werden.

Auf Prof. Macku folgte 1995 Sylvia Müller aus Bad Goisern, unter deren Leitung auch Kongresse und Sommerseminare stattfanden.
 

Prof. Eduard Macku, der Gründervater der Operetten-Festspiele, zwischen seiner Frau Vera Svoboda und Marcel Prawy
 

Lotte Rysanek, die unter der Intendanz Macku in etlichen Hauptrollen gastierte
 

Alfons Haider als Kaiser Franz Joseph in Fritz Kreislers Sissy, Bad Ischl 1980


In den späten 1990er Jahren beschloss die Gemeinde einen neuerlichen Umbau. Architekt Gerhard Hinterwirth machte das Gebäude nicht nur kongresstauglich, sondern verlegte die Bühne von der Breit- an die Stirnseite des großen Saals, der nun 750 Zuschauer fasste. Am 11. Juli 1999 wurde das Kongress & TheaterHaus Bad Ischl mit Lehárs Paganini neu eröffnet.

Intendant Michael Lakner (2004-2016) benannte die Operettenfestspiele um in „Lehár Festival Bad Ischl“. Vor allem durch die Zusammenarbeit mit Regisseur Leonard Prinsloo entfernte sich der Aufführungsstil vom Traditionellen zu Innovation und Zeitlosigkeit. Neue Formate wie Überbauung des Orchestergrabens oder Integration des Zuschauerraums in das Geschehen führten zu einer neuen Blüte. Publikumsmagneten wie Dolores Schmidinger, Ulrike Beimpold, Daniela Fally, Kurt Schreibmayer oder Sebastian Reinthaller ließen Kritiker vom „Mekka der Operette“ schwärmen.

Seit 2017 steht dem Lehár Festival Regisseur Thomas Enzinger vor.
 

Franz Suhrada in der Titelrolle von Leo Falls "Der fidele Bauer", Bad Ischl 2010
 

Im weißen Rössl von Ralph Benatzky, Bad Ischl 2019
 

Mein Dank geht an den Ischler Heimatverein und Foto Hofer für die Bereitstellung der Bilder.


Danke fürs Lesen,
Teresa Hrdlicka